Unser Schiff verlässt pünktlich um 1:00 nachts am 7. Juli den Hafen von Honningsvåg und macht sich auf den Weg am Rande der Barentssee weiter in den Norden.
Keine Ahnung wie viel Uhr es ist, ich denke früher Morgen.
Da mein Bett nicht schwanken kann und ich keinen Alkohol getrunken habe, und somit auch selbst nicht schwanken kann, muss es wohl unser Schiff sein, dass außerordentlich Bewegungen macht. Und somit quasi alles schwankt.
Uiii, das gibt wohl ein stürmischer Tag auf See, wenn das so weitergeht. Ich bleibe einfach ganz ruhig liegen und hoffe mal darauf einfach wieder einzuschlafen, was auch irgendwann geschieht.
Später dann, als auch Manfred aufgewacht ist, stellen wir beide fest, dass wir starken Seegang haben (laut Anzeige auf unserem Bildschirm in der Kabine, auf der wir den Kurs des Schiffes immer verfolgen können, 8 bis 9 Beaufort, teils sogar 10).
Mir ist es zwar ein bisschen schwindelig, aber nach einem leckeren Frühstück geht es mir gut. Am besten mit ein bisschen frischer Luft. Aber Deck 12 und 14 sind schon jetzt gesperrt. Aus dem Swimmingpool schwappt das Wasser in hohem Bogen auf Deck 11. Deshalb wird das Wasser nun ausgelassen.
Kommen die heute zum Einsatz?
(die Spucktüten...immer griffbereit)
Mittags etwas Vorfreude auf morgen: der Lektor Marcus Kummerer hält im Theater einen Vortrag über Svalbard/Spitzbergen und Longyearbyen. Praktisch, dass seine Vorträge auch in die Kabinen übertragen werden. So müssen wir uns nicht torkelnd auf den Weg zum Theater machen, sondern können gemütlich vom Bett etwas über Land und Leute erfahren.
Besonders interessant für morgen: an den Eingängen zur Bank und zu den Geschäften hängen Hinweise, dass man keine Waffen mit hinein bringen darf.
Tja, auf Svalbard leben mehr Eisbären als Menschen und so sollte man auf eine Begegnung mit den weißen Ungeheuern (die halt nicht so kuschelig sind, wie die Steiff-Bären) vorbereitet sein. Allerdings sind sie sehr menschenscheu und die Wahrscheinlichkeit, dass man einem Bären insbesondere in den Ortschaften begegnet, ist nicht sehr groß. Den Ort darf man ohne Waffe nicht verlassen. Studiert man in Longyearbyen so steht im 1. Semester auch der Umgang mit der Waffe auf dem Lehrplan.
Bei unseren Ausflügen morgen sind aber Eisbärwächter dabei, sodass wir nicht noch schnell einen Waffenschein machen müssen.
Svalbard oder
Spitzbergen?
Spitzbergen ist der Name der Hauptinsel, während Svalbard seit Inkrafttreten des Spitzbergenvertrags die offizielle Bezeichnung für die Inselgruppe ist (Norwegen hat
dies wieder eingeführt nach alter Überlieferung des Namens, Svalbard heißt auf deutsch "Kühle Küste")
Trotzdem hat sich der Name Spitzbergen allgemein eingebürgert.
Svalbard war bis ins frühe 20. Jahrhundert Niemandsland. Als der Bergbau immer wichtiger wurde, ändert sich auch das Interesse an dem Land.
1920 wurde im Spitzbergenvertrag geregelt, dass Norwegen die Souveränität über Svalbard erhält. Svalbard ist jedoch nicht Teil Norwegens wie es das Festland ist. Der Vertrag legt einige Sonderregelungen fest, z.B.:
- Spitzbergen ist unter norwegischer Verwaltung und Gesetzgebung.
- Bürger aller Signatarstaaten (inzwischen über 40 Staaten, auch Deutschland) haben freien Zugang, Aufenthaltsrecht und die gleichen Rechte auf wirtschaftliche Nutzung.
- Spitzbergen ist demilitarisierte Zone.
- Jeder Bürger eines Vertragsstaates kann ohne weitere Bedingungen eine Arbeit annehmen oder eine Firma eröffnen.
Nur Norwegen und Russland machen von ihrem Recht Gebrauch, Bergbau zu betreiben.
Abends wird die Veranstaltung im Theater abgesagt, da es für die Schauspieler zu gefährlich ist auf einem schwankenden Schiff zu spielen. Der Kreuzfahrtdirektor gibt durch "Wegen des Seegangs ist die vorgesehene Veranstaltung heute Abend leider nicht möglich, Dafür zeigen wir eine Aufzeichnung des letzten Konzerts von Udo Jürgens."
Udo kann nix mehr passieren.
9 Beaufort kurz vor der Küste von Spitzbergen - unser Schiff befindet sich dort, wo die
Pfeilspitze ist
Und dann: Manfred und ich gehen nach dem Essen auf das inzwischen wieder geöffnete Deck 12 zum Luftschnappen. Und siehe da, Manfred entdeckt es: in der Ferne tauchen die ersten eisbedeckten Berge Spitzbergens auf. Herrlich, dass gerade dort der Himmel ein kleines bisschen aufgerissen ist und die Sonne von hinten die Berge leicht bescheint.
Ich hatte schon während des Essens gedacht, dass man ja grundsätzlich die Küste bald sehen müsste, allerdings bei diesem mit dunklen Wolken verhangenen Himmel nicht ernsthaft damit gerechnet.
Als ich kurz darauf nochmals gucken will, ist das Deck schon wieder geschlossen. Besser ist's ja, Mann über Bord (was heißt: könnte auch Frau oder Kind sein) wäre nicht gut.
So, nun dauert es noch bis morgen früh bis wir in Longyearbyen eintreffen werden. Hoffen wir auf eine ruhige Nacht.